August 2019: Pilotprojekt: Neues Vergabegesetz in Thüringen

Der Thüringer Landtag hat am 5.7.2019 ein neues Vergabegesetz beschlossen. Im Gesetz wird neben repräsentativen Tarifverträgen auch ein vergabespezifischer Mindestlohn von 11,42 Euro festgelegt.
Mit dem Gesetz wird die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) vollumfänglich in Landesrecht überführt und für anwendbar erklärt. Durch die Übernahme der UVgO wird auch die umfassende Digitalisierung der Vergaben unterhalb der Schwellenwerte (E-Vergabe) stufenweise eingeführt. Für staatliche Auftraggeber besteht künftig nur noch die Verpflichtung, die Bekanntmachung öffentlicher Aufträge in elektronischer Form auf der zentralen Landesvergabeplattform zu veröffentlichen. Durch die Einführung des Bestbieterprinzips soll der bürokratische Aufwand verringert werden. Zukünftig sind die nach dem Thüringer Vergabegesetz vorzulegenden Erklärungen und Nachweise nur noch von demjenigen Bieter vorzulegen, dem nach Durchführung der Angebotswertung der Zuschlag erteilt werden soll.
In § 4 des Gesetzes wird als neuer Absatz 1 eine Bestimmung eingefügt, die die Vergabestellen dazu anhält, bei der Beschaffung eines Investitionsgutes in geeigneten Fällen darauf hinzuwirken, dass neben den Anschaffungskosten auch das Lebenszyklusprinzip eines Produktes berücksichtigt wird. Zudem wird dem § 4 ThürVgG ein weiterer Absatz angefügt, der einen Katalog beispielhaft in Betracht kommender umweltbezogener und sozialer Aspekte auflistet, die – sofern sie in sachlichem Zusammenhang mit der Auftragsleistung stehen – auf allen Stufen des Vergabeverfahrens berücksichtigt werden können.
Die bisher im § 13 ThürVgG enthaltenen Gesichtspunkte zur Stärkung sozialer Aspekte werden um zusätzliche soziale Gesichtspunkte (zum Beispiel Maßnahmen der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen oder von Menschen mit Behinderung) sowie um umweltbezogene Aspekte (zum Beispiel die Förderung der Energieeffizienz) erweitert.
Mit dem Änderungsgesetz wird der Rechtsschutz nichtberücksichtigter Bieter gestärkt: Verstößt ein öffentlicher Auftraggeber gegen die Pflicht zur Information der Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, wird dies zukünftig mit der Unwirksamkeit des Vertrages sanktioniert (§19 Abs.2 a ThürVgG). Ebenso wird sanktioniert, wenn der öffentliche Auftraggeber während eines laufenden Nachprüfungsverfahrens den Zuschlag unter Verstoß gegen das Verbot der Zuschlagserteilung innerhalb der Nachprüfungsfrist der Vergabekammer erteilt.